§ 323c Unterlassene Hilfeleistung; Behinderung von hilfeleistenden Personen
(1) Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer in diesen Situationen eine Person behindert, die einem Dritten Hilfe leistet oder leisten will.
Schema zur unterlassenen Hilfeleistung, § 323c StGB
I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) Tatsituation
(1) Unglücksfall
Ein Unglücksfall ist jedes plötzliche Ereignis, das erhebliche Gefahren für Personen oder Sachen von bedeutendem Wert mit sich bringt oder zu bringen droht.
(2) Gemeine Gefahr
Die gemeine Gefahr ist eine konkrete Gefahr für Leib und Leben einer größeren Zahl von Menschen oder für erhebliche Sachwerte.
(3) Gemeine Not
b) Unterlassen einer Hilfeleistung, die erforderlich, möglich und zumutbar ist.
Erforderlich ist die Hilfeleistung, wenn sie nach dem Urteil eines verständigen Beobachters geeignet und notwendig ist, um drohende weitere Schäden abzuwenden.
Nicht zumutbar ist die Hilfeleistung, wenn sich der Täter durch sie einer erheblichen eigenen Gefahr aussetzt oder andere wichtige Pflichten verletzt.
2. Subjektiver Tatbestand
Vorsatz
Vorsatz ist der Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller seiner objektiven Tatumstände.
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. Ergebnis
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Vorlesung:
Strafrecht BT I
Rechtsgebiet:
Strafrecht
Zweittitel:
Unterlassene Hilfeleistung, § 323c StGB
Unglücksfall
Gespeichert von alex am/um Mi, 21/03/2012 - 15:49Ein Unglücksfall ist jedes plötzliche Ereignis, das erhebliche Gefahren für Personen oder Sachen von bedeutendem Wert mit sich bringt oder zu bringen droht.
Quelle:
BGH NJW 2012, 1237 Rn. 20; Kindhäuser/Neumann/Paeffgen-StGB/Gaede, 6. Auflage Heidelberg 2023, § 323c Rn. 4.
Paragraphen:
§323 c StGB,
Rechtsgebiet:
Strafrecht
Vorlesung:
Strafrecht BT I
Strafrecht BT II
Stichwortverzeichnis:
Unglücksfall
Kausalität
Gespeichert von alex am/um Mi, 21/03/2012 - 14:45Nach der conditio-sine-qua-non-Formel, ist eine Handlung kausal, wenn sie nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.
Quelle:
RGSt 1, 373; BGHSt 1, 332.
Paragraphen:
§223 StGB, §212 StGB,§211 StGB,
Rechtsgebiet:
Strafrecht
Vorlesung:
Strafrecht AT
Schuldrecht BT II (Gesetzliche Schuldverhältnisse)
Stichwortverzeichnis:
conditio-sine-qua-non-Formel
kausal
Kausalität
Objektive Zurechnung
Gespeichert von Dominik am/um Di, 12/06/2012 - 17:20Objektiv zurechenbar ist ein durch menschliches Verhalten verursachter Erfolg, wenn dieses Verhalten eine rechtlich missbilligte Gefahr des Erfolgseintritts geschaffen und diese Gefahr sich auch tatsächlich in dem konkreten erfolgsverursachenden Geschehen realisiert hat.
Quelle:
Kindhäuser/Neumann/Paeffgen/Salinger/Altenhain, StGB, 6. Auflage Heidelberg 2023, Rn. 57; MüKo/Freud, 4. Auflage München 2020, vor § 13 Rn. 181; Kühl, StafR AT, 8. Auflage München 2017, § 4 Rn. 43.
Rechtsgebiet:
Strafrecht
Vorlesung:
Strafrecht AT
Stichwortverzeichnis:
Allgemeiner Teil
Objektive Zurechnung
Vorsatz
Gespeichert von yannik am/um Mi, 23/07/2014 - 17:20Vorsatz ist Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolgs im Bewusstsein der Rechts-(Pflicht-)widrigkeit.
Quelle:
Jauernig BGB/Stadler, 19. Auflage München 2023, § 276 Rn. 15.
Rechtsgebiet:
Zivilrecht
Vorlesung:
Sonstiges Zivilrecht (inklusive Prozessrecht)
Ist die Hilfeleistung gemäß § 323c StGB auch dann zumutbar, wenn sich der Täter dadurch in die Gefahr einer Strafverfolgung bringt?
Überblick
Es besteht Einigkeit darüber, dass dem Täter die Hilfeleistung auch dann zumutbar ist, wenn er den Unglücksfall (auch schuldlos) verursacht hat und sich die drohende Verfolgungsgefahr auf eine Straftat bezieht, die mit dem Unfall in irgendeinem Zusammenhang steht.1 Streitig ist nun, ob die Hilfeleistung auch dann noch zumutbar ist, wenn der Täter bezüglich solcher Straftaten eine Strafverfolgung zu befürchten hat, die mit dem Unfall in keinem Zusammenhang stehen. Zu denken ist vor allem an den Fall, dass sich der Bankräuber auf seiner Flucht nicht um Verletzte eines anderweitigen Unfalls kümmert.
- 1. Folgt aus: Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, § 323c Rn. 20; BGHSt 11, 135; BGHSt 11, 353.
1. Ansicht - Trotz zu befürchtender Strafverfolgung wegen Straftaten, die mit dem Unfall in keinem Zusammenhang stehen, ist dem Täter die Hilfeleistung nach wie vor zumutbar.1
Argumente für diese Ansicht
Eine andere Behandlung wäre widersprüchlich.2
- 1. AK/Conen, StGB, 3. Auflage 2020, § 323c Rn. 40.
- 2. Folgt aus: Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, § 323c Rn. 20; BGHSt 11, 135; BGHSt 11, 353.
2. Ansicht - Soweit die Straftat in keinem Zusammenhang mit dem Unfall steht, kann sich der Täter auf Unzumutbarkeit der Hilfeleistung berufen.1
Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn es sich bei der Straftat um eine geringfügige Tat handelt und durch den Unglücksfall Lebens- oder schwere Leibesgefahr droht.2 Zudem gilt ein anonymer Anruf, durch den Hilfe erreicht werden kann, grundsätzlich als zumutbar.3
Argumente für diese Ansicht
Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit nach § 136 I 2 StPO
136 I 2 StPO besagt, dass es dem Beschuldigten freisteht, sich zur Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Dieser Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit wiegt in solchen Fällen schwerer als die Hilfeleistungspflicht. 4
- 1. Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, § 323c Rn. 20; Eisele BT I, Rn. 1264, Aufl. 3.; Rengier, BT II, § 42, Rn. 15, Aufl. 16.
- 2. Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, § 323c Rn. 20.
- 3. BGHSt 11, 135 (138 f.).
- 4. Freymann/Wellner/Grube, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Auflage 2022, § 323c Rn. 34.
Überblick
Es besteht Einigkeit darüber, dass dem Täter die Hilfeleistung auch dann zumutbar ist, wenn er den Unglücksfall (auch schuldlos) verursacht hat und sich die drohende Verfolgungsgefahr auf eine Straftat bezieht, die mit dem Unfall in irgendeinem Zusammenhang steht.1 Streitig ist nun, ob die Hilfeleistung auch dann noch zumutbar ist, wenn der Täter bezüglich solcher Straftaten eine Strafverfolgung zu befürchten hat, die mit dem Unfall in keinem Zusammenhang stehen. Zu denken ist vor allem an den Fall, dass sich der Bankräuber auf seiner Flucht nicht um Verletzte eines anderweitigen Unfalls kümmert.
Folgen und Auswirkungen des Meinungstreites
1. Ansicht - Trotz zu befürchtender Strafverfolgung wegen Straftaten, die mit dem Unfall in keinem Zusammenhang stehen, ist dem Täter die Hilfeleistung nach wie vor zumutbar.2
Argumente für diese Ansicht
Eine andere Behandlung wäre widersprüchlich.3
2. Ansicht - Soweit die Straftat in keinem Zusammenhang mit dem Unfall steht, kann sich der Täter auf Unzumutbarkeit der Hilfeleistung berufen.4
Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn es sich bei der Straftat um eine geringfügige Tat handelt und durch den Unglücksfall Lebens- oder schwere Leibesgefahr droht.5 Zudem gilt ein anonymer Anruf, durch den Hilfe erreicht werden kann, grundsätzlich als zumutbar.6
Argumente für diese Ansicht
Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit nach § 136 I 2 StPO
136 I 2 StPO besagt, dass es dem Beschuldigten freisteht, sich zur Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Dieser Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit wiegt in solchen Fällen schwerer als die Hilfeleistungspflicht. 7
- 1. Folgt aus: Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, § 323c Rn. 20; BGHSt 11, 135; BGHSt 11, 353.
- 2. AK/Conen, StGB, 3. Auflage 2020, § 323c Rn. 40.
- 3. Folgt aus: Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, § 323c Rn. 20; BGHSt 11, 135; BGHSt 11, 353.
- 4. Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, § 323c Rn. 20; Eisele BT I, Rn. 1264, Aufl. 3.; Rengier, BT II, § 42, Rn. 15, Aufl. 16.
- 5. Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, § 323c Rn. 20.
- 6. BGHSt 11, 135 (138 f.).
- 7. Freymann/Wellner/Grube, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Auflage 2022, § 323c Rn. 34.
Vorlesung:
Strafrecht BT I
Rechtsgebiet:
Strafrecht
Thema:
Hilfeleistung
§ 323c StGB
Zumutbarkeit
Täter dadurch in die Gefahr einer Strafverfolgung
Ist die Hilfeleistung nach § 323c StGB unzumutbar, wenn der zur Hilfeleistung Verpflichtete durch die Hilfe einen Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde?
Überblick
Umstritten ist, ob die Hilfeleistung nach § 323c StGB auch dann zumutbar ist, wenn der zur Hilfeleistung Verpflichtete durch die Hilfe einen Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde.
1. Ansicht - Die Gefahr, einen Angehörigen durch die Hilfeleistung in die Gefahr der Strafverfolgung zu bringen, kann die Hilfeleistung unter Umständen unzumutbar machen.1
Argumente für diese Ansicht
Wertungen der §§ 52, 55 I Var. 2 StPO
Die §§ 52, 55 I Var. 2 StPO statuieren ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen bzw. ein entsprechendes Auskunftsverweigerungsrecht. Demnach ist es einer Person gestattet Zeugnisse oder Auskünfte zu verweigern, die einen in § 52 I StPO genannten Angehörigen belasten und/oder eine Gefahr begründen würden, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Aus diesem Gedanken folgt dann auch die Unzumutbarkeit einer Hilfeleistung, wenn hierdurch die Gefahr einer Strafverfolgung für einen Angehörigen des vermeintlichen Täters begründet wird.
- 1. Fischer, StGB, 69. Auflage 2022, § 323c Rn. 16; BGHSt 11, 135.
2. Ansicht - Die durch die Hilfeleistung begründete Gefahr der Strafverfolgung für einen Angehörigen lässt die Zumutbarkeit der eigenen Hilfeleistungspflicht nicht entfallen.1
Argumente für diese Ansicht
Eine andere Beurteilung wäre widersprüchlich und nicht haltbar.2
- 1. Umkehrschluss zu: Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, § 323c Rn. 20; Freymann/Wellner/Grube, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Auflage 2022, § 323c Rn. 35.
- 2. Umkehrschluss zu: Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, § 323c Rn. 20; Freymann/Wellner/Grube, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Auflage 2022, § 323c Rn. 35.
Überblick
Umstritten ist, ob die Hilfeleistung nach § 323c StGB auch dann zumutbar ist, wenn der zur Hilfeleistung Verpflichtete durch die Hilfe einen Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde.
Folgen und Auswirkungen des Meinungstreites
1. Ansicht - Die Gefahr, einen Angehörigen durch die Hilfeleistung in die Gefahr der Strafverfolgung zu bringen, kann die Hilfeleistung unter Umständen unzumutbar machen.1
Argumente für diese Ansicht
Wertungen der §§ 52, 55 I Var. 2 StPO
Die §§ 52, 55 I Var. 2 StPO statuieren ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen bzw. ein entsprechendes Auskunftsverweigerungsrecht. Demnach ist es einer Person gestattet Zeugnisse oder Auskünfte zu verweigern, die einen in § 52 I StPO genannten Angehörigen belasten und/oder eine Gefahr begründen würden, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Aus diesem Gedanken folgt dann auch die Unzumutbarkeit einer Hilfeleistung, wenn hierdurch die Gefahr einer Strafverfolgung für einen Angehörigen des vermeintlichen Täters begründet wird.
2. Ansicht - Die durch die Hilfeleistung begründete Gefahr der Strafverfolgung für einen Angehörigen lässt die Zumutbarkeit der eigenen Hilfeleistungspflicht nicht entfallen.2
Argumente für diese Ansicht
Eine andere Beurteilung wäre widersprüchlich und nicht haltbar.3
- 1. Fischer, StGB, 69. Auflage 2022, § 323c Rn. 16; BGHSt 11, 135.
- 2. Umkehrschluss zu: Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, § 323c Rn. 20; Freymann/Wellner/Grube, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Auflage 2022, § 323c Rn. 35.
- 3. Umkehrschluss zu: Schönke/Schröder/Hecker, StGB, 30. Auflage 2019, § 323c Rn. 20; Freymann/Wellner/Grube, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Auflage 2022, § 323c Rn. 35.
Vorlesung:
Strafrecht BT I
Rechtsgebiet:
Strafrecht
Thema:
Hilfeleistung nach § 323c StGB
Unzumutbarkeit
Hilfeleistung Verpflichteter durch die Hilfe einen Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aussetzen
Wann ist die unterlassene Hilfeleistung nach § 323c StGB vollendet?
Überblick
Der Zeitpunkt, in welchem die unterlassene Hilfeleistung nach § 323c StGB vollendet ist, ist umstritten.
1. Ansicht - Die unterlassene Hilfeleistung ist vollendet, wenn der Täter seinen Entschluss, nicht sofort zu helfen, betätigt.
Den zur Hilfeleistung Verpflichteten trifft mithin die Obliegenheit dem Hilfeleistungsgebot unverzüglich, d.h. sofort nachzukommen. Es muss also sofort Hilfe geleistet werden.1
Argumente für diese Ansicht
Nur so kann dem Schutzzweck des § 323c StGB hinreichend Rechnung getragen werden, da eine verzögerte Hilfeleistung in der Regel zu einer Verschlechterung der Rettungschancen führt.2
- 1. BGHSt 14, 213 (216).; Fischer, StGB, § 323c, Rn. 22, Aufl. 63, Lackner/Kühl, StGB, § 323c, Rn. 10, Aufl. 28.; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Hecker, StGB, § 323c, Rn. 21, Aufl. 29.; Rengier, BT II, § 42, Rn. 19, Aufl. 16.
- 2. Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Hecker, StGB, § 323c, Rn. 21, Aufl. 29.; BGHSt 14, 213 (216).
2. Ansicht - Die unterlassene Hilfeleistung nach § 323c StGB ist erst dann vollendet, wenn die Hilfe nicht mehr rechtzeitig erfolgt.
Dabei ist jede Hilfeleistung rechtzeitig, die drohenden Schäden noch genauso wirksam wie bei der sofortigen Hilfe abwendet. Der Tatbestand ist also erst dann verwirklicht, wenn sich infolge der Untätigkeit des Pflichtigen die Chance der Erfolgsabwendung vermindert hat oder nicht mehr alle Rechtsgutsverletzungen abwendbar sind.1
Argumente für diese Ansicht
Ausweitung der Strafbarkeit und Vorverlagerung derselben
Über die Versuchsfälle hinaus würden ansonsten (also bei Forderungen sofortiger Hilfeleistung) Fälle einer bloßen Vorbereitung in den Tatbestand einbezogen werden. Mithin gäbe es nur eine marginale, sehr kurze Versuchsphase. Die Strafbarkeit würde mithin unangemessen ausgedehnt werden.2
Argumente gegen diese Ansicht
Das Risiko wird erhöht, dass der zur Hilfeleistung Verpflichtete zu spät eingreift und Hilfe leistet.3
- 1. SK/Rudolphi, StGB, § 323c, Rn. 17, Aufl. 6.
- 2. SK/Rudolphi, StGB, § 323c, Rn. 17, Aufl. 6.
- 3. Rengier, BT II, § 42, Rn. 19, Aufl. 16.
Überblick
Der Zeitpunkt, in welchem die unterlassene Hilfeleistung nach § 323c StGB vollendet ist, ist umstritten.
Folgen und Auswirkungen des Meinungstreites
1. Ansicht - Die unterlassene Hilfeleistung ist vollendet, wenn der Täter seinen Entschluss, nicht sofort zu helfen, betätigt.
Den zur Hilfeleistung Verpflichteten trifft mithin die Obliegenheit dem Hilfeleistungsgebot unverzüglich, d.h. sofort nachzukommen. Es muss also sofort Hilfe geleistet werden.1
Argumente für diese Ansicht
Nur so kann dem Schutzzweck des § 323c StGB hinreichend Rechnung getragen werden, da eine verzögerte Hilfeleistung in der Regel zu einer Verschlechterung der Rettungschancen führt.2
2. Ansicht - Die unterlassene Hilfeleistung nach § 323c StGB ist erst dann vollendet, wenn die Hilfe nicht mehr rechtzeitig erfolgt.
Dabei ist jede Hilfeleistung rechtzeitig, die drohenden Schäden noch genauso wirksam wie bei der sofortigen Hilfe abwendet. Der Tatbestand ist also erst dann verwirklicht, wenn sich infolge der Untätigkeit des Pflichtigen die Chance der Erfolgsabwendung vermindert hat oder nicht mehr alle Rechtsgutsverletzungen abwendbar sind.3
Argumente für diese Ansicht
Ausweitung der Strafbarkeit und Vorverlagerung derselben
Über die Versuchsfälle hinaus würden ansonsten (also bei Forderungen sofortiger Hilfeleistung) Fälle einer bloßen Vorbereitung in den Tatbestand einbezogen werden. Mithin gäbe es nur eine marginale, sehr kurze Versuchsphase. Die Strafbarkeit würde mithin unangemessen ausgedehnt werden.4
Argumente gegen diese Ansicht
Das Risiko wird erhöht, dass der zur Hilfeleistung Verpflichtete zu spät eingreift und Hilfe leistet.5
- 1. BGHSt 14, 213 (216).; Fischer, StGB, § 323c, Rn. 22, Aufl. 63, Lackner/Kühl, StGB, § 323c, Rn. 10, Aufl. 28.; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Hecker, StGB, § 323c, Rn. 21, Aufl. 29.; Rengier, BT II, § 42, Rn. 19, Aufl. 16.
- 2. Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Hecker, StGB, § 323c, Rn. 21, Aufl. 29.; BGHSt 14, 213 (216).
- 3. SK/Rudolphi, StGB, § 323c, Rn. 17, Aufl. 6.
- 4. SK/Rudolphi, StGB, § 323c, Rn. 17, Aufl. 6.
- 5. Rengier, BT II, § 42, Rn. 19, Aufl. 16.
Vorlesung:
Strafrecht BT I
Rechtsgebiet:
Strafrecht
Thema:
unterlassene Hilfeleistung
§ 323c StGB
vollendet
Sind die Vorschriften über die tätige Reue auch auf § 323c StGB analog anzuwenden?
Überblick
In den meisten Fällen gelangen beide Ansichten hinsichtlich des streitigen Vollendungszeitpunkts zu einer frühen Vollendung der unterlassenen Hilfeleistung nach § 323c StGB. Bei der überwiegenden Meinung ist der Tatbestand bereits verwirklicht, wenn nicht sofort Hilfe geleistet wird. Die dem gegenüber stehende Auffassung stellt ihrerseits auf die Rechtzeitigkeit der Hilfeleistung ab (s.o.). Allerdings ist in der Praxis häufig nur die sofortige Hilfeleistung auch rechtzeitig, sodass nach beiden Ansicht der Tatbestand früh verwirklicht wird und sich die Versuchsphase sehr kurz gestaltet. Daher wird darum gestritten, ob die Vorschriften über die tätige Reue in diesem Fall analog angewendet werden sollten. Im Ergebnis würde der Täter Straffreiheit erlangen, wenn er nach formeller Vollendung der Tat doch noch wirksam Hilfe leistet.
1. Ansicht - Die Vorschriften über die tätige Reue werden analog auf § 323c StGB angewendet.1
Argumente für diese Ansicht
Früher Vollendungszeitpunkt
Die frühe Vollendung des § 323c StGB gebietet eine analoge Anwendung der Vorschriften über die tätige Reue.2
Opferschutz
Auch das Interesse des Opferschutzes rechtfertigt eine analoge Anwendung.3 Dem Täter wird somit ein Anreiz gegeben, dem Opfer auch noch nach formeller Vollendung des Tatbestandes zu helfen.
- 1. Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Hecker, StGB, § 323c, Rn. 26, Aufl. 29.; Lackner/Kühl, StGB, § 323c, Rn. 11, Aufl. 28.; MüKo/Freund, § 323c, Rn. 122, Aufl. 2.; Rengier, BT II, § 42, Rn. 20, Aufl. 16.
- 2. Rengier, BT II, § 42, Rn. 20, Aufl. 16.; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Hecker, StGB, § 323c, Rn. 26, Aufl. 29.
- 3. Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Hecker, StGB, § 323c, Rn. 26, Aufl. 29.; Rengier, BT II, § 42, Rn. 20, Aufl. 16.
2. Ansicht - Die Vorschriften über die tätige Reue finden bei § 323c StGB keinen analoge Anwendung.1
Argumente für diese Ansicht
Die tätige Reue wird nur aus besonderen, kriminalpolitischen Erwägungen vorgesehen, die hier nicht gegeben sind.
Der Gesetzgeber hat ein Vergünstigung iSd. tätigen Reue nur für bestimmte Straftatbestände aus besonderen kriminalpolitischen Erwägungen vorgesehen. Eine entsprechende Anwendung auf sonstige Straftaten würde zu kriminalpolitisch unerwünschten Ergebnissen führen.2
- 1. BGHSt 14, 213 (217).
- 2. BGHSt 14, 213 (217).; SK/Rudolphi, StGB, § 323c, Rn. 29, Aufl. 6.
Überblick
In den meisten Fällen gelangen beide Ansichten hinsichtlich des streitigen Vollendungszeitpunkts zu einer frühen Vollendung der unterlassenen Hilfeleistung nach § 323c StGB. Bei der überwiegenden Meinung ist der Tatbestand bereits verwirklicht, wenn nicht sofort Hilfe geleistet wird. Die dem gegenüber stehende Auffassung stellt ihrerseits auf die Rechtzeitigkeit der Hilfeleistung ab (s.o.). Allerdings ist in der Praxis häufig nur die sofortige Hilfeleistung auch rechtzeitig, sodass nach beiden Ansicht der Tatbestand früh verwirklicht wird und sich die Versuchsphase sehr kurz gestaltet. Daher wird darum gestritten, ob die Vorschriften über die tätige Reue in diesem Fall analog angewendet werden sollten. Im Ergebnis würde der Täter Straffreiheit erlangen, wenn er nach formeller Vollendung der Tat doch noch wirksam Hilfe leistet.
Folgen und Auswirkungen des Meinungstreites
1. Ansicht - Die Vorschriften über die tätige Reue werden analog auf § 323c StGB angewendet.1
Argumente für diese Ansicht
Früher Vollendungszeitpunkt
Die frühe Vollendung des § 323c StGB gebietet eine analoge Anwendung der Vorschriften über die tätige Reue.2
Opferschutz
Auch das Interesse des Opferschutzes rechtfertigt eine analoge Anwendung.3 Dem Täter wird somit ein Anreiz gegeben, dem Opfer auch noch nach formeller Vollendung des Tatbestandes zu helfen.
2. Ansicht - Die Vorschriften über die tätige Reue finden bei § 323c StGB keinen analoge Anwendung.4
Argumente für diese Ansicht
Die tätige Reue wird nur aus besonderen, kriminalpolitischen Erwägungen vorgesehen, die hier nicht gegeben sind.
Der Gesetzgeber hat ein Vergünstigung iSd. tätigen Reue nur für bestimmte Straftatbestände aus besonderen kriminalpolitischen Erwägungen vorgesehen. Eine entsprechende Anwendung auf sonstige Straftaten würde zu kriminalpolitisch unerwünschten Ergebnissen führen.5
- 1. Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Hecker, StGB, § 323c, Rn. 26, Aufl. 29.; Lackner/Kühl, StGB, § 323c, Rn. 11, Aufl. 28.; MüKo/Freund, § 323c, Rn. 122, Aufl. 2.; Rengier, BT II, § 42, Rn. 20, Aufl. 16.
- 2. Rengier, BT II, § 42, Rn. 20, Aufl. 16.; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Hecker, StGB, § 323c, Rn. 26, Aufl. 29.
- 3. Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Hecker, StGB, § 323c, Rn. 26, Aufl. 29.; Rengier, BT II, § 42, Rn. 20, Aufl. 16.
- 4. BGHSt 14, 213 (217).
- 5. BGHSt 14, 213 (217).; SK/Rudolphi, StGB, § 323c, Rn. 29, Aufl. 6.
Vorlesung:
Strafrecht BT I
Rechtsgebiet:
Strafrecht
Thema:
tätige Reue
§ 323c StGB analog